von Lena Buß

Zukunft und Alltagssprache

„Sprache ist ein Werkzeug, mit dem wir unseren Gefühlen und unserer Umgebung einen Sinn geben.“1

Im letzten Beitrag wurde die Verbindung von Veränderung und Gewohnheit thematisiert. Um einer Veränderung Raum zu geben, müssen wir am Gewohnten anknüpfen. In der Praxis bedeutet das, an unserem gewohnten Denken, also innerhalb unserer Alltagssprache. Alltagssprache beschreibt das Übliche und das Vertraute und damit unser Verständnis von der Wirklichkeit.

Wollen wir unser Verständnis von der Wirklichkeit verändern oder reflektieren, dann müssen wir unsere Alltagssprache betrachten. Denn der Kontext, also das Umfeld eines Wortes bezieht sich auf unsere Gedankenzusammenhänge (siehe Beitrag vom 30.07.21).

„Das Geheimnis des sprachlichen Wandels liegt also nicht in den konventionellen Bedeutungen von Wörtern und festen Konstruktionen als Ausdruck von Denk- und Argumentationsstereotypen, sondern in den flüssigen Bedeutungen bzw. Bedeutungsnuancen, die im Sprachgebrauch, d. h. in neuen Kontexten, entstehen und das alte Denken verflüssigen.“ (Ebert 2020: 5)

Helmut Ebert spricht an dieser Stelle zwar vom „sprachlichen Wandel“, dennoch können wir diese Argumentation auf unseren persönlichen, individuellen (sprachlichen) Wandel beziehen: Wollen wir einen Wandel erzeugen, das heißt eine Veränderung in der Gegenwart und damit eine Neugestaltung unserer Zukunft, dann gilt es, neue Kontexte entstehen zu lassen:

„Mit der Gewohnheitssprache von heute und mit Begriffen von gestern lässt sich keine Zukunft gestalten.“ (Ebert 2020: 3)

Praktisch bedeutet das, dass wir überprüfen können, was wir mit unserer Alltagssprache sichtbar machen und was nicht. Denn das, was wir sichtbar machen bezieht sich auf unsere Wirklichkeit. Das, was wir im Unsichtbaren lassen bleibt so lange verborgen, bis wir es mit unserem Denken in unsere Wahrnehmung holen:

„Die Sprache dient nicht in erster Linie dazu, die Realität abzubilden. Vielmehr konstruieren wir mit der Sprache eine Wirklichkeit, in der wir leben. Wirklichkeit ist die sprachlich gedeutete und sprachlich geordnete oder kategorisierte Realität.“ (Ebert 2020: 3)

Somit können wir unsere (Alltags)Sprache tatsächlich als Werkzeug betrachten. Wir wollen eine zukünftige Veränderung? Dann muss sie zuvor in der Gegenwart gesprochen werden.

 

 

 

 

1https://www.manager-magazin.de/harvard/selbstmanagement/ableismus-ueber-menschen-mit-behinderung-sprechen-ohne-zu-diskriminieren-a-da7ece2f-ce08-4ed0-a5aa-45acba302ef2

Ebert, Helmut: Sprache und Dialog als Führungsinstrumente Wie Gespräche die Organisationsentwicklung der Zukunft sichern. Wiesbaden 2020.

Bild von: 愚木混株 Cdd20 auf Pixabay


Über Lena Buß

Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.

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