von Lena Buß

Was fehlt?

Mit unserer Sprache beschreiben wir unsere Realität und deuten sie. Im Umkehrschluss hieße das, dass wir unsere Realität ändern können, indem wir verändern wie wir sprechen. Doch wie genau sieht diese Veränderung aus, wenn sie gelingt?

Im letzten Beitrag wurde genau dieses Zusammenspiel thematisiert. Wenn ich mir meine Emotionen, Gedanken oder Gefühle nicht wahrnehme oder sie gar versuche zu verdrängen, so nehme ich mir die Möglichkeiten mit diesen Komponenten zu „arbeiten“. Angenommen, mich beschäftigt eine kommende Deadline. Die klassischen Sätze „Das ist zu viel“, „Ich schaff‘ das nicht“ oder „Ich bin viel zu untalentiert dafür“ kommen in mir hoch und ich spreche nur noch im Mangel mit mir selbst. Transformiere ich die Sätze um in: „Du schaffst das“ oder „Das wird schon“, so verändert sich erst mal gar nichts.

Erst die Veränderung im Denken verursacht die Verschiebung von Mangel zu Fülle. Dafür muss ich, wie im letzten Beitrag beschrieben, die Emotionen rauslassen, mich „beschweren“, um herauszufinden was fehlt. Das zu formulieren hilft dabei, meine Emotionen und Gedanken in Form zu bringen, in der ich die Möglichkeit habe aktiv zu gestalten.

Bezogen auf die Ich-Konzepte bringt uns genau diese Praxis näher mit unserem Ideal-Ich. Wir erinnern uns, dieses Konzept ist die Vorstellung über uns selbst, wie wir im Idealfall wären. Steht diese Vorstellung in Dissonanz mit dem Real-Selbst, so sind wir unzufrieden, unglücklich und somit Mangel, da wir nicht mit unserem tatsächlichen Selbstbild übereinstimmen. Wir verändern mit der Praxis des Formulierens und „Beschwerens“ zwar unser Sprechen, gleichzeitig aber auch unser Denken.

Diese aktive und authentische Weise mit Begebenheiten umzugehen, bringt uns näher Lücke unserer Ich-Konzepte, also mit dem, was uns in dem Moment fehlt. Der Begriff authentisch kann dabei auf seine ursprüngliche Bedeutung hin bezogen werden. Das digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache schreibt hierzu:

„Erstes Kompositionsglied ist griech. autós (αὐτός) ‘selbst, eigen’ (s. auto-). Die Deutung des zweiten ist umstritten; […] Das Zugehörigkeitsadjektiv griech. authentikós (αὐθεντικός) bedeutet seiner Bildung nach ‘zum Urheber (einer Tat) in Beziehung stehend’, daher (besonders von Schriften und Äußerungen) ‘original, zuverlässig, maßgebend’.“1

Eine Veränderung kann also nur gelingen, wenn wir authentisch mit uns selbst kommunizieren, mit uns in Beziehung stehen und somit uns unsere (Gefühls)welt zu eigen machen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1https://www.dwds.de/wb/authentisch


Über Lena Buß

Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.

Zurück

Einen Kommentar schreiben