von Lena Buß

Sprache und ihre Ausrichtung

Können meine Worte die Welt verändern?

In Bezug auf den letzten Beitrag und natürlich auf John Searle halten wir fest, dass jede gesprochene Äußerung in unterschiedliche Akte eingeteilt werden kann. Je nach dem, auf was man sich bezieht bzw. aus welcher Sicht eine bestimmte Äußerung betrachtet wird. Die illokutiven Akte sind besonders spannend, denn sie beinhalten den eigentlichen Handlungswert, also das, was mit einer Äußerung seitens der Sprechenden tatsächlich rübergebracht werden soll.

Ob dieser Handlungswert dann an die Hörenden vermittelt wird kann die Sprechende nicht mehr beeinflussen. Einmal laut ausgesprochen nehmen Wörter geradezu frei ihren Weg in die Atmosphäre, hinein in die Welt von Bedeutungssystemen, Wissensbeständen, Bewertungen, oder sie werden nicht einmal wahrgenommen und ziehen einfach vorbei.

Nun zu den illokutiven Akten, besser gesagt den direkten illokutiven Akten. Sie können weiterführend in fünf Typen eingeteilt werden:

  • „Die Sonne geht im Osten auf.“ Mit diesem Satz behaupte ich also, dass die Sonne in einer bestimmten Himmelsrichtung aufgeht, ferner glaube ich daran, dass es so ist, empfinde es also als wahr. Ich richte mein Wort somit an die Welt, in dem ich etwas über die Welt behaupte, feststelle oder ausdrücke. Diesen Typ nennt man Repräsentativ (Assertiv).
  • „Ich werde Ihnen morgen die Literatur mitbringen.“ Mit diesem Satz gebe ich ein Versprechen, ich habe also eine Absicht dahinter, das Gesagte auch zu tun. Damit binde ich meine Wirklichkeit bzw. die Welt an mein Wort, denn ich verpflichte mich mit meiner gesprochenen Äußerung dazu. Diesen Typ nennt man Kommissiv.
  • „Ich heiße Sie herzlich willkommen.“ Dieser Satz ist wohl das Paradebeispiel für ritualhafte Sprache bei Feiern, Versammlungen oder institutionellen Veranstaltungen. Diesen Typ nennt man Expressiv und ist - so würde ich hervorheben, wohl nicht immer ein Ausdruck von dem Tatsächlichen, was gesagt werden soll, sondern vielmehr ein sprachlicher Ausdruck von gesellschaftlichen und sozialen Strukturen.
  • „Hiermit taufe ich dich auf den Namen Oskar.“ Mit dieser Aussage wird ein Zustand hergestellt und gleichzeitig Wahrheit generiert, der Junge ist jetzt getauft und heißt Oskar. Diesen Typ nennt man Deklarativ und er weißt Ähnlichkeiten zu Austins performativen Aussagen auf. Heiraten, jemanden zu etwas ernennen, Frieden erklären, abtreten usw. sind alles Zustände, die erst durch das Vollziehen bzw. Aussagen einer bestimmten Person z.B. von einem Pfarrer zur Wirklichkeit werden.
  • „Schließen Sie bitte das Fenster.“ Mit diesem Satz habe ich den Wunsch bzw. die Aufforderung gestellt, das Fenster zu schließen. Schließt jemand das Fenster, dann habe ich rein mit meinen Worten meine Wirklichkeit verändert. Diesen Typ nennt man Direktiv.

Wir können also tatsächlich mit Worten unsere Wirklichkeit verändern. Allerdings nur, wenn wir auch so sprechen. Unabhängig von der Einteilung der verschiedenen Äußerungsakte und Typen ist festzuhalten, dass jede Sprecherin und jeder Sprecher verantwortlich ist für die eigene Sprache und für ihre Ausrichtung.

Spreche ich so, dass ich mich mit meiner Welt verbinde oder mich durch z.B. selbststrafende Sätze wie „Du kannst das sowieso nicht“ entferne? Verpflichte ich mich zu meinem Wort oder lasse ich ein Türchen offen und sage etwas nur, weil ich denke, dass ich es sagen sollte?

Das Verhältnis mit der eigenen Sprache gibt Aufschluss über das Innere eines Menschen und seine Überzeugungen. Erkennen wir, dass wir Sprache aktiv für unsere Ziele, Visionen, und unser Wohl nutzen können, so haben wir ein Werkzeug gewonnen, mit dem man Brücken bauen kann.

 

 

 

 

Bild: L. Buß

Literatur: Austin, John: How to do things with word. Cambridge, 1955. Searle, John: Speech act theory and pragmatics. 1980, Dordrecht. Searle, John: Sprechakte : ein sprachphilosophischer Essay. Frankfurt am Main, 2000.


Über Lena Buß

Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.

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