von Lena Buß

So einfach?

„Durch das Einfach geht der Eingang zur Wahrheit.“ Georg Christoph Lichtenberg

Das Adjektiv einfach bedeutet in der deutschen Sprache unkompliziert, schlicht, bescheiden, ohne Aufwand. Das dazugehörige Substantiv Einfachheit wird dabei oft mit dem Wort Leichtigkeit gleichgesetzt.

„Folgen wir dem Verweis auf die historisch frühere Bedeutung, so wird ›Einfalt‹ zwar im Neuhochdeutschen durch ›einfältig‹ sowie ›einfach‹ verdrängt, jedoch sind auch heute noch einfach und einfältig nicht gleichbedeutend. (Wisotzki 2021: 45)“

Was die Literaturwissenschaftlerin Nadine Wisotzki hier beschreibt, bezieht sich auf die Semantik und die alltagsprachliche Verwendung von dem Begriff einfach. Der Begriff wurde bereits im 16. Jahrhundert für ein anderes Wort gleichbedeutend verwendet: einfältig. Betrachten wird dieses Wort genauer, wird deutlich, welche Konnotationen der Begriff einfach innehält:

„Nachdem das Wort ›einfältig‹ im negativen Sinn Verwendungen fand (einfältiger Mensch, einfältige Rede, der einfältigste Grund, den man hören konnte), wurde das Wort ›einfach‹ gleichbedeutend zu ›einfaltig‹ bzw. ›einfältig‹ bevorzugt, um die üble Konnotation zu meiden.“ (Wisotzki 2021: 45)“

Mit dieser Verschiebung wird die eigentliche Wirkung des Begriffes aufgehoben. Das hat zur Folge, dass Attribute wie „Leichtigkeit, Klarheit oder Aufwandslos“ von der negativen Konnotation überschrieben werden. Warum macht es Sinn, diese alltagssprachliche Verwendung zu entkoppeln?

Die simple Tatsache, dass wir mit unserer Sprache unsere Realität beschreiben und deuten heißt nichts anderes, als dass wir unsere Realität ändern können, in dem wir unsere Sprache transformieren und entwickeln. Der Einfachheit kommt somit eine entscheidende Rolle zu: Sie ist der Schlüssel zur Gestaltung unserer Wirklichkeit:

„Das Schöne besteht in der Mannigfaltigkeit im Einfachen: dieses ist der Stein der Weisen, den die Künstler zu suchen haben, und welchen wenige finden; nur der verstehet die wenigen Worte, der sich diesen Begriff aus sich selbst gemacht hat.“ (Lagier 2017: 13)

 

 

 

 

Literatur

Largier, Niklaus (2017): Praktiken der Einfachheit. Einführung. In: Koschorke, Albrecht (Hg.): Komplexität und Einfachheit. Stuttgart 2015, S. 11-18.

Wisotzki Nadine: Die Kunst der Einfachheit. Standortbestimmungen in der deutschen Gegenwartsliteratur. Bielefeld 2021.


Über Lena Buß

Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.

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