Science Communication - Kommunikation mit der Gesellschaft
"Die Wissenschaft lernte […] nur, wie man schöner und hochglanziger in die Öffentlichkeit tritt, nicht aber, wie man einen offenen Dialog beginnt." (Hartung und Sentker 2020: 133)
Das Wort Dialog stammt von dem altgriechischen Substantiv diálogos ‚Unterredung', ‚Gespräch' bzw. von dem Verb dialégesthai ‚sich unterreden', ‚besprechen'. Der Begriff Dialog kennzeichnet somit das Gegenteil eines einseitigen Sprechens. Sind Dialoge die Lösung für eine (breite) Wissenschaftskommunikation mit der Gesellschaft?
„Statt etwas zu verkaufen, müssen sie Dialoge organisieren; „Wissenschafts-PR“ muss durch Wissenschaftskommunikation ersetzt werden.“ (Hartung und Sentker 2020: 135)
So plädieren Manuel Hartung und Andreas Sentke, Leiter des Wissen Ressort DER ZEIT. Andererseits muss sich aber auch die Wahl der Kommunikationsmedien verändern:
„Von Chemtrails bis Elektrosmog – die Parallel- und Gegenwissenschaft ist leicht zugänglich. Sie wirbt um ihr Publikum, füllt unzählige Websites, bedient sich einer zugespitzten Alltagssprache. Sie ist viral und virulent. Die mit Steuergeldern geförderten und von Forschern begutachteten Erkenntnisse hingegen sind oft hinter den Bezahlschranken von Fachjournalen verborgen.“
(Hartung und Sentker 2020: 132)
Dabei geht es vor allem um Transparenz, denn sie ist eine Möglichkeit fragwürdigen Fakten und Unterstellungen entgegenzutreten und vor allem selbstbewusst als wissenschaftliche Disziplin aufzutreten (vgl. Hartung und Sentker 2020:133 f.) Dazu muss sich die Kommunikation der Hochschulen und der Wissenschaft deutlich verändern:
„Sie […] müssen sich dorthin begeben, wo ihre Klientel diskutiert und kommuniziert. Sie dürfen sich nicht nur als Sender verstehen. Sie müssen alle Möglichkeiten zum Empfang nutzen.“
(ebd.)
Hartung und Sentker sprechen an dieser Stelle von Hochschulen, aber dieser Aspekt gilt für die gesamte Wissenschaft. Dialog beinhaltet schließlich ein Gespräch und das besteht aus Senden und Empfangen. Wenn wissenschaftliche Disziplinen erkennen und vor allem annehmen, dass Wissenschaftskommunikation in beide Richtungen funktionieren muss, dann erkennt sieht sie ihr Gegenüber (die Gesellschaft) als mündig und kann somit den Raum für ein Gespräch schaffen.
Für Platon war das entscheidende Argument für einen mündlichen Austausch als Wissenschaftskommunikation die Unmittelbarkeit des Gesprächs: Er konnte sich auf sein Zielpublikum einstellen, Rückfragen beantworten und im Diskurs auf Argumente eingehen. Nach Platon entstand im Gespräch "echtes Wissen" (siehe Beitrag vom 23.04.2021). Nun sind wir nicht mehr in den Zeiten des antiken Griechenlands und auch die Wissenschaft besteht längst nicht mehr nur aus der Philosophie. Nichtsdestotrotz ist der uralten Ansatz Platons essentiell:
Die wissenschaftlichen Disziplinen müssen sich in der Kommunikation mit der Gesellschaft auf die Gesellschaft einstellen. Damit das Gelingen kann, muss nicht nur das entsprechende Medium gewählt werden (Blogs, Vorträge, Journalismus usw.), sondern das Gegenüber muss als Gesprächspartner anerkannt werden. Vor allem aber die Transparenz in Form von Zugang zu wissenschaftlichen Inhalten muss für Alle, dass heißt nicht nur für Wissenschaftler*innen gewährt werden. Denn das bedeutet schließlich Kommunikation: commūnicār „etwas gemeinsam, gemeinschaftlich machen".
Hartung, Manuel J. und Sentker, Andreas: Raus, raus, raus! Eine Wissenschaft in der Vertrauenskrise muss sich der Gesellschaft öffnen – viel radikaler als bisher gedacht. In: Schnurr, Johannes und Mäder, Alexander (Hrsg.): Wissenschaft und Gesellschaft: Ein vertrauensvoller Dialog Positionen und Perspektiven der Wissenschaftskommunikation heute. Berlin 2020, S. 129-139.
Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.
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