von Lena Buß

Scherben bringen Glück!?

Im letzten Beitrag wurde die Erweiterung der Deutungsräume und Perspektiven in Zusammenhang mit der Praxis des Reframings genannt:

„Reframing, die Umdeutung bzw. Neukontextualisierung eines Problems; von P. Watzlawick als die Kunst genannt, Inhalte in einen neuen Rahmen zu stellen und ihnen dadurch eine neue Bedeutung zu verleihen.“1

Wenn wir Inhalte in einen neuen Rahmen stellen und sie damit umdeuten, ändern wir somit nichts an der Tatsache selbst, wir ändern lediglich den Kontext oder die dahinterliegende Bedeutung. Was bedeutet das für die Interaktion mit anderen und mit uns selbst und in wie weit unterscheidet sich das mit der Praxis von toxic positivity?

Wir erinnern uns, toxic positivity „äußert sich vor allem darin, jeden negativen Gedanken, jedes unwohle Gefühl oder eine unangenehme Reaktion im Außen mit etwas Positivem ausgleichen zu wollen.“2 Diese Praxis begreift also vor allem das Relativieren von Negativem, das Verdrängen oder sogar das Leugnen von negativen Emotionen. Reframings bezieht sich dabei nicht ausschließlich auf Problemstellungen oder generell Negatives. Es ist also keine Maßnahme oder Lösung für etwas, sondern viel mehr eine Handlungsweise, die bewusst und spielerisch für sich selbst angewendet werden kann.

Dabei wird zwischen Kontext- und Bedeutungsreframing unterschieden. Das Kontextreframing beschreibt einen alternativen Kontext, der die Bedeutung verändert. Das kann auf einzelne Wörter wie „Birne“ (Glühbirne oder Obst) oder auch auf ganze Sätze angewendet werden. „Ich mach dich fertig“ kommt im Kartenspiel anders an, als im Restaurant. Viel interessanter im Kontext der zukunftsorientierten Sprache ist das Bedeutungsframing.

Nehmen wir das Sprichwort „Scherben bringen Glück“. Der Inhalt: Dass uns etwas kaputt gegangen ist, wird erstens durch das Wort „Glück“ in einen anderen Kontext gesetzt. Zweitens, ändert sich der Bedeutungsinhalt der Situation.Für manche mag es Aberglaube sein, andere glauben fest an das Sprichwort. Letztere deuten damit einen Verlust in einen Gewinn um.

Genau um diese Deutungsmöglichkeiten geht es im Reframing und dies können wir uns zu Nutze machen: "Ein Reframing ist eine gezielte Veränderung der inneren Landkarte, um andere Verhaltens- oder Sichtweisen zu entwickeln."4

Das bedeutet, dass wir mit dem Bedeutungsframing nachhaltig unser Leben gestalten können, in dem wir Handlungs- und Denkweisen nachhaltig verändern und uns neu positionieren.

 

 

 

 

 

Quellen:

1https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/reframing/12651

2https://www.7mind.de/magazin/toxic-positivity-gefuehle-ehrlichkeit-positiv-denken

3Zur genauen Entstehung des Sprichworts siehe: 

https://praxistipps.focus.de/scherben-bringen-glueck-hintergrund-und-bedeutung-des-sprichwortes_139505#:~:text=Denn%3A%20Fr%C3%BCher%20wurden%20get%C3%B6pferte%20Vorratsgef%C3%A4%C3%9Fe,hatte%2C%20nicht%20hungern%20zu%20m%C3%BCssen.

4https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-211-99131-2_1605

 

 


Über Lena Buß

Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.

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