von Lena Buß

Motive und Entwicklung

„Die Erklärung, dass soziales Handeln auf das Verhalten Anderer bezogen und daran in seinem Ablauf orientiert ist, darf die Frage nicht übersehen machen, was uns denn überhaupt veranlasst, in einer bestimmten Weise gegenüber den Anderen und mit ihnen gemeinsam zu handeln.“ (Abels 2020: 60)

Im letzten Beitrag wurde hervorgehoben, dass Interaktion als soziales Handeln gesehen werden kann. Damit wurde deutlich, wie verbunden die Gesellschaft mit ihren Vorstellungen über den „Sinngehalt“ ist. Diese Vorstellungen zeigen sich in bestimmten Handlungsmotiven, die in einer Interaktion zum Tragen kommen. Sie werden somit in unseren persönlichen Vorstellungen präsent und beeinflussen unser Handeln. Was wir „gelten“ lassen, spiegelt unsere persönliche Weltanschauung wider.

Mit Max Weber kann an dieser Stelle zwischen vier Gründen, wieso wir eine bestimmte Handlungsweise innerhalb einer Interaktion verfolgen, unterschieden werden:

Erstens kann unser Verhalten zweckrational bestimmt sein. Das heißt, wir wenden bestimmte Mittel auf, um etwas zu erreichen und wägen dabei ab, welche Aufwendungen sich für unser Ziel „lohnen“. Zweitens kann unser Verhalten wertrational bestimmt sein. Das bedeutet, wir handeln nach bestimmten Werten (Geboten), zu denen wir uns verpflichtet fühlen. Drittens kann unser Verhalten affektuell bestimmt sein. Das zeigt sich beispielsweise in emotionalen und unreflektierten Reaktionen und steht somit: „an der Grenze und oft jenseits dessen, was bewusst ‚sinnhaft‘ orientiert ist“. (Weber 1920, S. 674) Viertens und letztens, kann unser Verhalten traditional bestimmt sein. Es steht: „Ganz und gar an der Grenze und oft jenseits dessen, was man ein ‚sinnhaft‘ orientiertes Handeln überhaupt nennen kann […] Die Masse alles eingelebten Alltagshandelns nähert sich diesem Typus.“ (Weber 1920: 673 f.)

Natürlich können die jeweiligen Gründe nicht getrennt von einander bestimmt werden, da jeder von uns aus ihrer Summe heraus handelt. Nichts desto trotz zeigt sich in den Bestimmungsgründen vor allem ihre Verbindung zu unseren alltäglichen Denkweisen und Handlungen, die damit unsere Interaktionen bestimmen. Ziele und Verläufe des Handelns werden also oftmals festgelegt und durchgeführt, ohne dass viel darüber nachgedacht wird. (vgl. Abels 2020: 62)

Was genau bedeutet diese Bestimmung für unsere Mündigkeit sowie die Fähigkeit Veränderungen hervorzurufen? Wenn soziale Interaktion durch unsere alltäglichen Handlungen beeinflusst wird, so können wir in unserer Alltagssprache sowohl Sinngehalte als auch Vorstellungen, die die „Geltung“ betreffen transformieren und verändern. Alle Teilnehmenden der Gesellschaft haben somit die Verantwortung in Gesprächen mit sich Selbst und mit anderen:

„Das klang schon bei Durkheim an, der Individualität sogar zur Voraussetzung der Entwicklung der Gesellschaft gemacht hat!“ (Abels 2020: 87)

 

 

 

Literatur:

Abels, Heinz: Soziale Interaktion. Hagen 2020.

Weber, Max: Soziologische Grundbegriffe. Stuttgart 1920 (2002).


Über Lena Buß

Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.

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