von Lena Buß

Meinungsfreiheit und Demokratie

„Medien formen, wie wir die Welt sehen. Daher ist es wichtig, ihre Arbeit kritisch zu hinterfragen. Vor allem die etablierten Medien sind nicht nur berechtigter Kritik ausgesetzt, sondern auch pauschalen Verschwörungstheorien und Vorwürfen der „Lügenpresse“ oder „Systempresse“.“1

In den letzten Beiträgen ging es um das übergeordnete Thema Medienkritik. Sie bezieht sich auf die kritische Betrachtung von Medien und deren Inhalte, Rezeption und Arbeitsweise. Berichtserstattung und eine demokratische Grundhaltung lassen sich nicht trennen, dennoch sollten sich Medien nicht instrumentalisieren lassen und sich deutlich positionieren. Die berechtigte Kritik bezieht sich dabei auf Verbindungen von Medienschaffenden zu Regierungsorganisationen (z.B. Stefan Kornelius (SZ)) und auf wirtschaftliche Verzweigungen (z.B. Josef Joffe (Die Zeit)).

Das Verhältnis von Gesellschaft und Medien und verschlechtert sich seit Jahren. Eine Mainzer Studie aus dem Jahre 2018 belegte: „[…] eine zunehmende Entfremdung zwischen Menschen und Medien. 27 Prozent der Befragten waren der Auffassung, dass die Medien den Kontakt zu den Menschen verloren haben.“2

Doch nicht nur die Entfremdung ist problematisch, sondern vor allem das sinkende Vertrauen. Die erwähnte Studie besagt dabei, dass das Vertrauen je nach Medienart variiert. Beispielsweise vertrauen 65% dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wohingegen nur 21% den Nachrichten auf Suchmaschinen vertrauen. Das sinkende Vertrauen und der Hang zu „alternativen Medien“ führt meines Erachtens vor allem zu Pauschalisierungen und Verschwörungen über die (öffentlich-rechtlichen) Medien. Das hat mit der eigentlichen Medienkritik nichts mehr zu tun. Die Aussagen im einleitenden Zitat schaden nicht nur dem Ansehen der Medien selbst, sie befeuern noch einen viel größeren Diskurs: Die Meinungsfreiheit.

Der Begriff „Lügenpresse“ ist keineswegs neu. Er ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum nachzuweisen. Nach der Märzrevolution 1848 hieß es, die Juden stecken hinter dem, wofür die Revolution stand: Sozialismus, Liberalismus und Demokratie. Wer heutzutage diesen Begriff verwendet, sollte sich seines antisemitischen Ursprungs bewusst sein. Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht und hat nichts mit dem Vorwurf der Menschen zu tun, die „Lügenpresse“ schreien:

„Der Lügenpresse-Vorwurf kommt entweder von Leuten, die nicht wissen, was Meinungsfreiheit ist. Oder von Leuten, die finden, dass alle Medien ihre Ansicht verbreiten müssen. Tun sie das nicht, ist das ein Beweis dafür, dass die Meinungsfreiheit unterdrückt wird. Dabei ist Meinungsfreiheit keine Ansichtssache, sondern ein Grundrecht.“ (Ferda Ataman)

Das Meinungsfreiheit unterdrückt werde, weil nicht alle Ansichten gleich stark vertreten werden, bringt uns wieder zurück zur Haltung von Medienschaffenden und dem eigentlichen Grundrecht:

„Der Staat darf niemanden wegen seiner Meinung verfolgen und bestrafen. Meinungsfreiheit heißt nicht, dass jedes Medium jede noch so verdrehte Ansicht wichtig nehmen muss. Und schon gar nicht, dass jeder in den sozialen Medien jeden nach Lust und Laune beschimpfen darf.“ (Ferda Ataman)

Wenn Medienschaffende keine liberale und demokratische Werte vertreten, so vertreten sie auch keine Meinungsfreiheit. Sie ist der Inbegriff unserer Demokratie und das scheinen die Menschen, die heiter und öffentlich (z.B. in Fernsehinterviews) sagen, was man in Deutschland angeblich nicht sagen darf, nicht verstanden zu haben.

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

1https://ed.spiegel.de/unterrichtsmaterial/medienkritik

2Studie: https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/studie-zu-medienvertrauen-jeder-vierte-wirft-medien-manipulation-vor-a-1256551.html

Artikel Ferda Ataman: https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/meinungsfreiheit-dann-nennt-uns-doch-luegenpresse-a-1231818.html


Über Lena Buß

Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.

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