von Lena Buß

Kognitive Verzerrungen I.

Kognitive Verzerrung ist der Oberbegriff für systematisch auftretende Denk- und Wahrnehmungsfehler, die menschliche Entscheidungen beeinflussen. Immer wenn wir wahrnehmen, denken, urteilen und erinnern, werden wir unbewusst von Vorannahmen des Gehirns beeinflusst.“1

Im vorherigen Beitrag wurde die Rolle des Ist-Zustandes mit potenziellen Veränderungen und Entscheidungen diskutiert. Dabei führt uns der Untersuchungsgegenstand in die Psychologie, in die Neuro- und Kognitionswissenschaften: „Die Kognitionswissenschaft stellt unsere Kategorien infrage, sie bricht die mentalen Schubladen auf, die wir eingerichtet haben, um den Dingen einen Sinn zu geben.“ (DiSalvo 2014: 6)

Mit der Dissertation von Sören Pape könnte man Argumentieren, dass Kategorien im weiteren Sinne Entscheidungsrahmen sind: „Eine Verzerrung, die dadurch entsteht, dass der Entscheidungsausgang durch eben diesen Entscheidungsrahmen beeinflusst wird.“ (Pape 2016: 6)

Der Wissenschaftsjournalist und Autor David DiSalvo definiert ferner den Ursprung dieses Rahmens als solchen, der durch Normen, Gewohnheiten und persönliche Eigenschaften des Individuums entstehen. (DiSalvo 2014: 32) Zudem beeinflusst unser Gehirn bzw. ferner „das Unbewusste“ einen Großteil, wie wir Situationen wahrnehmen: „Ihr Gehirn ist so strukturiert, dass es Stimuli und Muster in jeder beliebigen Umwelt auswerten kann, und es entdeckt Muster in diesen neuen Umgebungen, die mit altbekannten Mustern übereinstimmen.“ (DiSalvo 2014: 2)

DiSalvo beschreibt weiterführend, dass neurowissenschaftliche Forschungen das Gehirn als „Vorhersageapparat“ bezeichnen. Es bevorzuge dabei Stabilität, Gewissheit und Konsistenz und nehme Unvorhersehbarkeit, Ungewissheit und Instabilität als Bedrohungen wahr (vgl. DiSalvo 2014: 3)

Was ist die Problematik eines solchen „Vorhersageapparat“?

„[…] die blühende Industrie, die auf voreiligen Schlüssen hinsichtlich neurowissenschaftlicher Forschungen aufbaut, werden zum Teil durch unseren naiven Ansatz zur Problemlösung genährt. Wir wollen Antworten. Wir wollen Leuten zuhören, die behaupten, uns Antworten geben zu können. Wir wollen Problemlösungen, bei denen wir uns gut fühlen.“ (DiSalvo 2014: 3)

Genau dieses „gut fühlen“ scheint eine entscheidende Rolle für unser Gehirn zu spielen. Was bedeutet es, wenn sich unser Gehirn gut fühlt?

 

 

1 https://www.ionos.de/digitalguide/online-marketing/verkaufen-im-internet/was-ist-eine-kognitive-verzerrung

DiSalvo, David: Was Ihr Gehirn glücklich macht... und warum Sie genau das Gegenteil tun sollten. Berlin 2014.

Pape, Sören: Kognitive Verzerrungen bei Entscheidungen: Rahmungseffekte und die Rolle motivationaler und kognitiver Prozesse für die konfirmatorische Informationssuche. Freiburg 2016.


Über Lena Buß

Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.

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