von Lena Buß

Individualität und Außenleitung

„Um Sicherheit des Geschmacks zu bekommen, muss man sich nur umsehen, was die Anderen anziehen, sagen oder tun, und ganz unproblematisch ist die Suche nach dem „eigenen“ Geschmack, wenn man sich die Bilder der Massenmedien vom „richtigen“ Leben ansieht. […] Wieder gewendet auf Interaktionen im Alltag: In dem, was wir sagen, bringen wir auch zum Ausdruck, welche Ideen, Werte und Lebensstile wir favorisieren.“ (Abels 2020: 151)

Im letzten Beitrag ging es um die Entwicklung von der Traditions-, zur Innen- und schließlich zur Außenleitung. Diese Entwicklung gibt Aufschluss darüber, wie sich das Verhalten von Individuen gegenüber der Gesellschaft historische verändert hat. Vielmehr zeigt es aber auch die neuen Möglichkeiten und Herausforderungen, denen alle Gesellschaftsteilnehmenden in der heutigen Zeit gegenübergestellt sind. Was bedeutet die Außenleitung für uns als Individuen und welche Bezüge lassen sich damit zum aktiven und zukunftsorientierten Handeln stellen?

Die Außenleitung beschreibt wie im obigen Zitat dargestellt „den Geschmack“ des Lebens. Also das, was wir sinnhaft aufnehmen können. Weiterführend spielt nach Riesman auch das Erlernen von normalem Verhalten eine Rolle in der außengeleiteten Gesellschaft. (vgl. Riesman 1950: 37)

„In dem Maße, wie einem das gelingt, wächst auch die Chance, von den Anderen, die sich genau so verhalten, anerkannt zu werden.“ (Abels 2020: 151 f.)

Als dritten Bereich wird das Bedürfnis nach Individualität beschrieben (vgl. Abels 2020: 152). Doch auch diesem Verlangen kann in der heutigen Welt schnell nachgegangen werden, bspw. wenn man sich etwas „sehr besonderes“ kauft oder ein „Einzelstück“ ergattert. All diese Begrifflichkeit deuten auf die scheinbare Individualität hin. Doch nicht nur die Konsumindustrie spiegelt unsere außengeleitete Gesellschaft wider:

„[…] auch die Konjunkturen des Verhaltens in der Freizeit, des Denkens über Politik, wie sie von Anderen gemacht werden sollte oder wie man sich selbst dafür einsetzt, der Vorstellungen von der richtigen Erziehung der Kinder oder der Einstellungen des Individuums zu Sexualität oder Moral und vor allem zu sich selbst.“ (Abels 2020: 152).

All diese Bereiche können als Orientierungsmuster gefasst werden. Sind wir uns darüber bewusst, dass sich die Außenleitung in diesen Bereichen abspielt, so sind wir uns auch über ihre Macht bewusst:

„ […] der außengeleitete Mensch [sieht] sein Leben häufig gar nicht als eine individuelle Karriere an. Ihn verlangt nicht nach Ruhm, der ihn bis zu einem gewissen Grade seiner Gruppe von Kollegen (peer-group) entfremden oder aus einem bestimmten Lebensstil herausreißen würde. Er sucht vielmehr die Achtung, vor allem aber die affektive Zuneigung einer strukturlosen und sich ständig in ihrer Zusammensetzung wandelnden Gruppe von Kollegen und Zeitgenossen.“ (Riesman 1950, S. 150)

Um zu aktiven und zukunftsorientierten Entscheidungen zu gelangen, muss sich die Außenleitung hin zur Innenleitung transformieren. Denn wenn wir weiterführend nach den bestehenden Orientierungsmustern handeln, erzielen wir dieselben Ergebnisse. Wie im einleitenden Zitat beschrieben, erfahren wir uns vor allem in sozialer Interaktion: Wie müssten wir also sprechen und somit denken, damit wir von einem vorwiegend außengeleiteten, hin zu einem innengeleiteten Individuum werden?

 

 

 

Literatur:

Abels, Heinz: Soziale Interaktion. Hagen 2020.

Riesman, David: Die einsame Masse. München (1950) 1958.


Über Lena Buß

Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.

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