von Lena Buß

Gedanken(austausch)

„Konflikte werden in der Demokratie durch Dialog gelöst. Zeitgebundene Sachfragen erlauben fast stets einen Kompromiss. Wahrheitsfragen können nur mit Ja oder Nein beantwortet werden. Säuberlich zu trennen ist das Bedingte vom Unbedingten aber nicht. Wenn jedoch Wahrheit bloße Illusion und alles relativ ist, bleibt wenig, über das zu diskutieren es sich lohnt.“ (Thomas 2009: 11)

In den letzten Beiträgen gingt es um die Verwirklichung von Pluralität und ihre Verbindung zu Demokratie und Gesellschaft. Pluralität wird erst durch Kommunikation sichtbar. Durch den Austausch von Perspektiven entstehen neue Gedankengänge, Sichtweisen, Notwendigkeiten und Lösungen.

Gleichzeitig, hebt der Mediziner und Philosoph Hans Thomas hervor, dass gesellschaftlicher Pluralismus nur dann unterschiedliche Bekenntnisse erlaubt, weil und solange er selbst keines ist (vgl. 2009:14). Somit kann Pluralität nicht selbst als Bedingung für eine zukunftsorientierte, tolerante und entwickelte Demokratie bzw. Gesellschaft stehen, sie ermöglicht sie vielmehr.

Thomas unterscheidet dabei zwischen Pluralismus, der sich auf demokratische Strukturen bezieht einen solchen, der er „legitimer gesellschaftlicher Pluralismus“ nennt (2009:12).1

Der legitime gesellschaftliche Pluralismus begreift dabei das: „friedliche Zusammenleben von Bürgern mit unterschiedlichen Meinungen, Interessen und Überzeugen.“ (2009:13) Thomas beschreibt, dass dem gegenüber ein „politischer Hang zur Vereinheitlichung des Verschiedenen“ steht (2009:12). Als Beispiel hierfür nennt er Familien- und Bildungs- aber auch die Gesundheitspolitik, die Tätigkeiten versuche zu uniformieren (vgl. ebd.). Thomas sieht die Gefahr im:

„Hyperpluralismus oder Relativismus, der jeglichen Wahrheitsgehalt und jeder normativen Unbedingtheit misstraut. Wird der per se inhaltsleere Pluralismus zum – zudem einzig geltenden – Bekenntnisinhalt, folgt daraus als Bildungsideal die Überzeugungslosigkeit.“ (2009:16)

Dass Anstelle von neuen Gedankengängen, Sichtweisen, Notwendigkeiten und Lösungen, die zu einer Weiterentwicklung und zukunftsorientierten Gesellschaft führen eine Überzeugungslosigkeit treten könnte, sehe ich anders als Thomas nicht als Gefahr, sondern vielmehr als Appell, dass Individuen ein (Gedanken)austausch betreiben, der einen zukunftsorientierten Dialog ermöglicht.

Denn durch Sprechen entsteht Wahrnehmung und Handeln. Dadurch wird die Magie von Pluralität erst deutlich: Kein Mensch gleicht dem Anderen und doch leben wir zusammen auf einer Welt. Verschiedene Realitäten können erst durch den Austausch zu gemeinsamen Realitäten, Visionen, Zielen und Werten werden und genau das fördert Wandel, Transformation und die Weiterentwicklung von uns als Gesellschaft, gemäß der Frage: Wohin führt uns unser Wort?

 

 

 

Literatur:

Thomas, Hans: "Meine Wahrheit - Deine Wahrheit...": Verlangt der gesellschaftliche Pluralismus Abstinenz von Überzeugungen oder ihren Wettbewerb?. In: Thomas Hans und Hattler, Johannes: Glaube und Gesellschaft. Gefährden unbedingte Überzeugungen die Demokratie? Darmstadt 2009, S. 11-19.

1 Dabei sei hervorgehoben, dass es noch viel mehr Arten, Theorien und Konzepte über und mit Pluralismus gibt, z.B. den kulturellen Pluralismus (siehe hierzu: Hansjörg Dilger, Matthias Warstat (Hg.): Umkämpfte Vielfalt Affektive Dynamiken institutioneller Diversifizierung. Frankfurt/New York 2021)


Über Lena Buß

Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.

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