Form und Formulierung
„Du kannst das Ziel bestimmen. Wenn du vor der Abreise weißt, wo du hinwillst, kommst du in der Regel dort an. Anfänger vergessen das meistens. Die wandern staunend wie Alice durchs Wunderland, und eh sie sichs’s versehen, haben sie sich verirrt.“
(Suter, Martin: Die dunkle Seite des Mondes. Zürich 2000: S. 108)
Die Summe all unserer Gespräche und Gedanken, die wir mit unseren Mitmenschen tagtäglich teilen, verbinden uns mit der Gesellschaft. Unsere Alltagssprache macht sichtbar, wie uns die Welt erscheint und wie wir uns in der Welt verorten.
Wir wissen durch die vorherigen Beiträge auf diesem Blog, dass Sprache nicht nur unsere Realität schafft, sondern ihr in gewisser Weise voraus geht. Erinnern Sie sich Ihren letzten Wunsch, an Ihr letztes Ziel oder Projekt, dann stand am Anfang der Gedanke, diesen Wunsch zu erfüllen und ihn in die Realität umzusetzen. Mit der Formulierung gaben wir diesem Gedanken seine Form und konnten daraus unsere nächsten Schritte ableiten. Um Toto Wolff zu paraphrasieren:
Wir setzen unsere Ziele, entwickeln den Antrieb und wenden es auf der Strecke an.
Betrachten wir diese Herangehensweise genauer, so wird deutlich, dass von der Zukunft her gedacht wird. Das aktive Nutzen und Entwickeln unserer Alltagssprache ist damit nichts Mystisches oder Märchenhaftes, es ist in seiner Essenz einfach funktional:
„Menschen benennen die Realität mit Symbolen der Sprache.“
(Jahnen 2019: 123)
Nun leben wir als Individuen nach wie vor in Verbindung mit der Gesellschaft. Wir sind Menschen unter Menschen.1 Und das nicht nur in Form von sozialer Interaktion, sondern auch innerhalb der Kontexte, die uns wissentlich oder unwissentlich umgeben, z.B. in sozialen und öffentlich-rechtlichen Medien oder im allseits beliebten Gruppenchat. Auch hier erfüllt Sprache ihre Funktion der Realitätsschaffung. Doch sie geht eben nicht nur von uns weg, in dem wir sprechen oder denken, sondern sie wird auch an uns herangetragen, was meistens unbewusst geschieht.
Aus diesem Grund ist es wichtig und notwendig sich Techniken, Theorien und Möglichkeiten von Sprache als „[…] Mittel zur Erzeugung einer bestimmten Realitätsdeutung […]“ (Jahnen 2019: 123) genauer anzuschauen.
Die Frage ist demnach nicht nur: "Wohin führt mich mein Wort?" Sondern auch: "Wohin führt uns unser Wort?"
Literatur:
Jahnen, Verena: Die Sprache der AfD und wie sie sich verändert. In: Isemann, Simon und Walther, Eva (Hrsg.): Die AfD – psychologisch betrachtet. Wiesbaden 2019, S. 121-135.)
Suter, Martin: Die dunkle Seite des Mondes. Zürich 2000.
1 Siehe hierzu: Hannah Arendt https://www.uni-wh.de/detailseiten/news/hannah-arendt-ein-mensch-unter-menschen-6342/
Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.
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