von Lena Buß

Die Universalsprache – eine vollkommene Sprache?

Wir sprechen von der Sprache der Bienen, der Sprache der Bäume und der Blumen, aber was ist die Sprache der Menschen?

Der Turmbau zu Babel: Nach dem Mythos zufolge stelle die Vielfalt der menschlichen Sprache eine Strafe Gottes für die Überheblichkeit der Menschen dar (vgl. Raible 2010, 11):

„Wohlan, lasset uns hinabsteigen, und dort verwirren ihre Sprache, daß sie nicht verstehen Einer die Sprache des Andern.“1

In Folge der „Verwirrung“ durch die unterschiedlichen Sprachen und der fehlenden Verständigung war es schier unmöglich, den Turm zu Babel fertig zu bauen und somit wurde „die Überheblichkeit“ der Menschen gebannt.

Viele Menschen haben sich in der Vergangenheit mit der Thematik der Universalsprache beschäftigt. Anfangs war es die Frage welche die Sprache Adams war. Durch den Katalanen Raimundus Lullus und seine Prinzipien der Kombinatorik, die Judentum, Christentum und Islam durch „wahre Sätze“ wieder vereinen sollte und schließlich mit Descartes und Leibniz ging es ab dem 17. Jahrhundert darum, wie eine vollkommene Sprache aussehen könnte (vgl. Raible 2010, 12-22).

Es gab viele Konzepte für eine Universalsprache, aber nur wenige wurden bzw. konnten praktisch umgesetzt werden. Eugenio Coseriu (1921-2002) hat fünf universelle Eigenschaften von Sprache festgestellt (vgl. Coseriu 1972, 47-73):

  • Semantizität: Sprache vermittelt Sinn und Bedeutung (siehe Beitrag vom 25.12.20 „Ein Tisch ist ein Tisch“)
  • Alterität: Sprache richtet sich an ein Gegenüber, wobei das Gegenüber - so würde ich behaupten auch das Selbst sein kann
  • Kreativität: Sprache kann jederzeit durch die Sprecher*innen verändert werden
  • Historizität: Sprache entwickelt sich und trägt somit Geschichte in sich
  • Exteriorität: Sprache muss irgendwie zu den Hörer*innen gebracht werden z.B. durch das vokale System Sprache oder bspw. einer Textnachricht

Eine Universalsprache kann schon allein wegen der Eigenschaften Kreativität und Historizität nicht funktionieren. So schreibt auch Raible:

„Es ist unmöglich, die zu bezeichnende Welt so in ein Schema zu pressen, dass (…) alles eindeutig bezeichnet werden kann.“(Raible 2010, 22)

 

Wir haben im vorherigen Beitrag festgestellt, dass Sprache nicht nur unsere Wirklichkeit, sondern auch unsere gesellschaftlichen Strukturen abbildet. Vielmehr zeigt Sprache also Entwicklung, die logischerweise nicht überall dieselbe sein kann. Das zeigte auch der Beitrag vom 15.01.2020, in dem festgestellt wurde, dass das allgemeine Wissen essentiell für eine Sprachgemeinschaft ist.

Einerseits zeigt das die wundervolle Vielfalt von Sprache, aber andererseits auch etwas sehr Grundlegendes: Selbst, wenn wir eine einzige Sprache hätten, ist es nicht zwangsläufig gewährleistet, dass wir uns verständigen können, das ist nur möglich, wenn wir dasselbe unter dem Gesagten verstehen, denn die Bedeutung von Sprache bzw. den Wörtern wird erst in ihrem Gebrauch sichtbar.

Der Bedeutungsgehalt einer Sprache und somit im größeren Zusammenhang auch einer Gesellschaft zeichnet die Sichtweise auf die Welt ab und gleichzeitig die Entwicklung bzw. die Standpunkte und den Wissensbestand einzelner Wissenschaften, Bereiche, Gebiete und Nationen.

 

Die Sprache der Menschen ist somit die Art und Weise, wie man sich mit anderen in und über die Welt verständigt.

 

 

 

1Gen 11,7 übersetzt nach Leopold Zunz

Literatur: Coseriu, Eugenio: Les universaux linguistiques (et les autres). In: Heilmann Luigi: Proceedings of the Eleventh International Congress of Linguistics, Bolonga 1974: 47-73. Raible, Wolfgang: Die Suche nach einer vollkommenen Sprache. In: Kirchhof, Paul: Wissenschaft und Gesellschaft. Begegnung von Wissenschaft und Gesellschaft in Sprache. Heidelberg 2010 :11-27.

Bild von Pexels auf Pixabay


Über Lena Buß

Kulturwissenschaftlerin, aufgewachsen in Offenburg. Mit European Talk folgt sie ihrem Bedürfnis nach einer bewussten und zukunftsorientierten Sprache. Bachelorstudium in Kulturanthropologie und VWL an der Universität Freiburg, aktuell im Masterstudium.

Zurück

Einen Kommentar schreiben